"Betreuung heißt nicht Entmündigung", dies war die wohl wichtigste Aussage der beiden Referenten bei der Informationsveranstaltung zum Thema 'Betreuung, Betreute, Betreuer', zu der SPD 60plus eingeladen hatte. Die Betreuer leisten vielmehr Hilfe zu einem selbstbestimmten Leben, wenn der Betreute aufgrund von Krankheit oder Behinderung seine Angelegenheiten vorübergehend oder dauerhaft nicht mehr selbst regeln kann. Die Betroffenen bleiben mit Ausnahme des
Einwilligungsvorbehalts geschäftsfähig, wahlberechtigt, ehe- und testierfähig.
Rund 70 Interessierte waren zu der Veranstaltung im Karmeliten am Hagen gekommen und wurden von den Referenten Jürgen Breininger, Dipl. Rechtspfleger am Amtsgericht Straubing und Michael Weidhaas, Berufsbetreuer aus Bamberg umfassend informiert. "Zuständig für die Anordnung einer Betreuung ist das Betreuungsgericht (Teil des Amtsgerichts). Jeder kann hier den Antrag auf Einrichtung einer Betreuung für einen Menschen stellen, der Betroffene selbst, aber auch z.B. Familienangehörige oder Freunde und Nachbarn. Für einen Menschen mit körperlicher Behinderung darf eine Betreuung, solange er seinen eigenen Willen noch bekunden kann, nur auf dessen eigenen Antrag gestellt werden. Das Gericht prüft, ob dem Antrag stattgegeben wird. Dazu fordert es Gutachten an, führt Gespräche mit den Betroffenen und Familienangehörigen.
Wird die Notwendigkeit festgestellt, erfolgt die Einrichtung einer Betreuung zunächst für ein halbes Jahr (vorläufige Betreuung). Dann wird erneut überprüft, ob eine endgültige Betreuung notwendig ist. Endgültige Betreuungen werden vom Betreuungsgericht nach sieben Jahren wieder überprüft. Betreuungen können – auf Antrag des Betroffenen oder des Betreuers – jederzeit durch das Gericht wieder aufgehoben werden. Außerdem kann der Betreute Beschwerde gegen die Betreuerbestellung einlegen, wenn er damit nicht einverstanden ist", erläuterte Jürgen Breininger die rein rechtliche Seite der Betreuung.
Bei der Auswahl des Betreuers hat das Gericht die Wünsche des Betroffenen zu berücksichtigen. Nachdrücklich forderte Breininger dazu auf, eine Betreuungsverfügung zu verfassen, in der festgelegt wird, wer im Falle eines Falles Betreuer werden beziehungsweise nicht werden soll. Betreuer können Angehörige, Mitarbeiter der Betreuungsbehörden, ehrenamtliche Mitglieder eines Betreuungsvereins oder Rechtsanwälte sein. Hilfestellung bei der Erstellung der Vorsorgevollmacht leisteten in Straubing die Mitarbeiter im Sozialen Rathaus, im Landlreis die Sozialrechtsstelle im Landratsamt.
Wird diese Vorsorgevollmacht bei einem Notar gemacht, erfolgt ein Eintrag in das Bundeszentralregister. Das Gericht prüfe bei Anträgen auf Betreuung immer zuerst, ob von dem Betroffenen dort eine Verfügung vorliegt. Wird ein amtlicher Betreuer bestellt, hat dies grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Geschäftsfähigkeit des Betreuten, d.h. der Betreute kann im Rechtsverkehr teilnehmen und Verträge abschließen.
Die Aufgaben des Betreuers werden vom Betreuungsgericht festgelegt und stehen im Betreuerausweis. Sie können alle Belange des täglichen Lebens beinhalten, aber auch nur Teilbereiche, in denen der Betroffene alleine nicht (mehr) zurecht kommt.
Der Betreuer vertritt den Betreuten in diesen Aufgabenkreisen gerichtlich und außergerichtlich (z.B. in persönlichen Angelegenheiten Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Wohnungsangelegenheiten) sowie in vermögensrechtlichen Angelegenheiten (Umgang mit Banken, Versicherungen, Krankenkassen, Rententrägern, Verwaltung und Verwertung von Vermögen, Beantragung sozialrechtlicher Leistungen, etc.). Diese Vertretung erfolge, wenn irgend möglich, in Absprache mit dem Betreuten. Aber immer im Sinne und zum Wohle des Betreuten, so, als habe dieser selbst die Entscheidung getroffen.
Berufsbetreuer Michael Weidhaas aus Bamberg erläuterte, dass der amtliche Betreuer dem Gericht gegenüber rechenschaftspflichtig sei, im Gegensatz zum privat bestellten Betreuer. Der gesetzliche Betreuer habe die Aufgabe, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, ihn gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. "Bekomme ich eine neue Betreuung, steht am Anfang eine Vermögensaufstellung. Die mache ich mit einer zweiten Person, möglichst einem Angehörigen sonst einem Kollegen. Dabei wird genau erfasst, was an Guthaben, Sparkonten, Versicherungen vorhanden ist oder ob es andere Wertgegenstände wie Schmuck oder Münzsammlungen gibt. Wir müssen dem Gericht gegenüber nachweisen, was wir z.B. mit dem Geld des Betreuten gemacht haben. Größere Transaktionen, wie die Auflösung einer Versicherung oder eines Kontos dürfen wir nicht ohne die Zustimmung des Gerichts tätigen. Ich versuche immer, dem Betreuten anstehende Entscheidungen zu überlassen und seine Entscheidungen umzusetzen. Gegen den Willen eines einwilligungsfähigen Betreuten, der Art, Bedeutung und Tragweite einer Entscheidung erfassen kann, darf ich nicht handeln. Nur wenn dies aufgrund des Gesundheitszustands des Betroffenen nicht mehr möglich ist, entscheide ich für ihn. . Dabei versuche ich, so zu handeln, wie mein Betreuter es selbst tun würde, wenn er es noch könnte. Meine Aufgabe ist es nicht, das Leben meiner Betreuten führen, sondern ihnen dabei zu helfen, ihr eigenes Leben auch weiterhin führen zu können."
In der anschließenden, lebhaften Diskussions- und Fragerunde gingen die Referenten auf viele Einzelfragen ein. So konnte beispielsweise geklärt werden, dass eine Patientenverfügung nur für den Krankheitsfall Gültigkeit hat und eine Vorsorgevollmacht nicht ersetzt. Diese ist zusätzlich auszufüllen. (ilg)